Abkürzungen und Fachbegriffe aus der Automotive-Branche

A B C D E F G I K L M N O P Q R S T W Z

A

Aftermarket

Marktsegment, in dem Zulieferer ihre Produkte auch an Endverbraucher verkaufen. Zu Preisen, die, im wahrsten Sinne des Wortes, erträglicher sind als im (->) OEM-Geschäft. Aber Achtung – ist der Autohersteller Eigentümer der Werkzeuge, können die Aftermarket-Produkte nicht unter Einsatz dieser Betriebsmittel produziert werden! Durch neue EU-gesetzliche Regelungen wurden die Bedingungen für den Verkauf von Ersatz- und Verschleißteilen gegenüber der Vergangenheit zwar deutlich liberalisiert, aber gerade deshalb achten die Fahrzeughersteller mehr denn je darauf, dass ihre Zulieferer ihnen nicht das eigene, überaus lukrative Ersatzteilgeschäft kaputt machen!

Änderungsmanagement

Richtig betrieben, die Gelegenheit zur Verbesserung der während des Auftrags-Vergabe-Prozesses reduzierten Margen. Sollte bereits während der Akquise neuer Aufträge, z. B. in der Gestaltung der Angebote berücksichtigt werden. Sicherstellung, dass technische Änderungen erfasst, bewertet, angeboten und vor allen Dingen vom Kunden beauftragt werden.

Audits

Ohne (->) Zertifizierung (VDA 6.x, ISO 90xx, TS 16949, ISO 14001,…) kein Lieferant! Jeder Fahrzeughersteller fordert von seinen Lieferanten, mindestens nach der o. g. Richtlinien zertifiziert (und damit als Autozulieferer qualifiziert) zu sein. Wohlgemerkt – ohne selbst über ein solches Zertifikat zu verfügen…!! Ausnahmen bestätigen selbstverständlich auch in diesem Fall die Regel: Der Angebotspreis muss nur attraktiv genug sein – und schon handelt es sich, zumindest nach der Auffassung der Einkäufer, um einen durchaus „qualifizierten“ Lieferanten. Natürlich bedarf es in einer dermaßen qualitäts- und vor allem sicherheitsorientierten Branche gewisser Standards damit abertausende Teile, die jährlich hergestellt, geliefert und in Autos verbaut werden, den funktionellen und qualitativen Anforderungen der Kunden entsprechen. Daran besteht keinerlei Zweifel. Welchen Aufwand die Zulieferer betreiben (müssen), um die Zertifizierung(en) zu erhalten (im doppelten Sinne des Wortes), vermag der gemeine Einkäufer der Autoindustrie nur erahnen – er muss diese Mühen ja nicht auf sich nehmen…
Auf der anderen Seite: Je „zertifizierter“, desto „unersetzbarer“! Dessen sollten sich die Lieferanten vor allem im Rahmen von Preisverhandlungen auch bewusst sein! Und – es muss nicht immer das Optimum sein! Es reicht, die Anforderungen zu erfüllen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger!

B

Bemusterungen

Siehe „Note1

Benchmark

Das Musterunternehmen/Produkt der Branche. „Bester“ in seiner „Klasse“. Gewöhnlicher Weise wird dieser Begriff in der Autobranche dann angewandt, wenn ein Zulieferer entweder außergewöhnlich gute/innovative Produkte und/oder die mit Abstand günstigsten Preise generiert/angeboten hat. Ist der Lieferant „Benchmark“ bei den Preisen (und nicht gleichzeitig auch bei den Kosten…), wird er zwar viele Aufträge erhalten – ob er (das) auf Dauer „überlebt“, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt… Ist er „Benchmark“ bei der Technik, hat er zumindest die Chance, bessere Preise zu erhalten als der „gewöhnliche“ Wettbewerber. Technologieführerschaft ermöglicht überdurchschnittliche Preise – zumindest für eine gewisse Zeit!

Beweislastumkehr

Bei Reklamationen im Falle gelieferter, „mangelhafter“ Ware, obliegt es nach den gesetzlichen Bestimmungen dem Käufer (Kunden) zu beweisen, dass die Ware mangelhaft ist. Hierfür bedarf es einer (->) Wareneingangskontrolle, die bei den Autoherstellern nicht nur „verpönt“ sondern inzwischen sogar abgeschafft ist! Und das, obwohl der Käufer einer Ware nach § 377 HGB hierzu gesetzlich verpflichtet ist. Das aber auch nur dann, wenn keine einzelvertragliche Regelung ihn hiervon entbindet. Was bedauerlicher Weise in der Automobilbranche, in den bilateralen Verträgen/ Geschäftsbedingungen zwischen den Herstellern und ihren Lieferanten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle jedoch so ist! Mit der Entbindung von der Pflicht zur Prüfung eingehender Waren, versuchen die Autobauer gleichzeitig auch die Beweislast umzukehren: Nicht mehr er als Käufer muss beweisen, dass die Ware einen Mangel hat – der Lieferant hat zu beweisen, dass die von ihm gelieferten Teile in Ordnung waren!
Hier „wackelt der Schwanz mit dem Hund“!! Also „Augen auf, bei der Vertragsunterschrift!“ Bei den bestehenden Kräften sicher leichter geschrieben als tatsächlich getan. Aber immerhin nicht unmöglich…

C

Corporate Sourcing Committee (CSC)

Oberstes (Lieferanten-)Entscheidungsgremium der Automobilhersteller. Die automobilen Großkonzerne beherbergen gewöhnlich zahlreiche, meist auch autonome, Markengesellschaften, die ihre eigenen Beschaffungsorganisationen unterhalten. Und als ob diese, gegenüber den meisten ihrer Zulieferer, nicht ohnehin weitaus mehr (Markt-)Macht haben als Letztere, wird auf Konzern-Ebene (durchaus verständlich) darauf geachtet, dass bei der Vergabe von neuen Aufträgen die (einkaufs-)strategischen und -taktischen Aspekte nicht übersehen werden. Wichtigster Grundsatz: Je größer das Zulieferer-Geschäftsvolumen, desto härter der Preisdruck…! Empirisch belegbare Vorgehensweise: Nachdem zuvor alle „Unter-Komitee-Hürden“ erfolgreich bewältigt wurden, erhält der zu nominierende Lieferant aus dem „CSC“ (das üblicher Weise einmal in der Woche tagt) einen Anruf mit der „Bitte“ um nochmalige „Prüfung der Preise“ – so er denn den Auftrag auch wirklich an Land ziehen will. Um kurzfristige Antwort (möglichst noch während des vorerwähnten Anrufs – allenfalls und maximal eine Stunde später…) wird „gebeten“. Dann allerdings kann der Zulieferer aber auch davon ausgehen, dass er für den Auftrag nominiert wird/ist (siehe auch Nomination Letter!).

Cost-Break-Down (CBD)

Detaillierte Aufschlüsselung der Kostenstruktur eines (angebotenen und/oder zu liefernden) Produkts. Wird seit Jahren seitens der Automobilhersteller von ihren Zulieferern gefordert, um nachprüfen zu können, ob die angebotenen Preise für Teile und Betriebsmittel – gemessen an den Kosten – nicht höher sind als (aus Sicht der Kunden) „angemessen“. Während vor eineinhalb Jahrzehnten die Zulieferer ihre Preise/Kosten erst nach etwa einem halben bis einem Jahr nach Serienanlauf den Kostenprüfern ihrer Kunden plausibel erläutern mussten um gemeinsam eventuelle Einsparpotenziale zu identifizieren, ist es inzwischen branchenüblich, bereits mit dem ersten Angebot auch den „CBD“ mit einzureichen. Angebote, die den „CBD“ nicht enthalten, werden in aller Regel (es sei denn, sie böten eine signifikante Kosteneinsparung…) nicht weiter berücksichtigt. Bezeichnender Weise nutzen die Einkäufer der Autohersteller die Kostenaufschlüsselungen dazu, für jede Kostenart den jeweils günstigsten Anbieter als (->) Benchmark für die Ermittlung eines theoretischen Preises heranzuziehen, der sich aus allen jeweils günstigsten Kostenarten der einzelnen Anbieter ergibt. Dieser Wert wird den Anbietern dann als (->) Target (Zielwert) für eine weitere Angebotsrunde vorgegeben…
Der Fairness halber sei aber ebenfalls erwähnt, dass der „CBD“ von den Einkäufern und Kostenrechnern der Autoindustrie auch dafür verwendet wird, eventuell unplausible, extrem niedrigpreisige Angebote zu identifizieren und diese auszusortieren. Wenngleich derartige Fälle äußerst selten sind…

D

Dokumentationspflichtige Sicherheitsteile

Alle besonders sicherheitsrelevanten Bauteile eines Fahrzeuges unterliegen der Dokumentationspflicht. Und das ist auch gut so… Hierauf gilt es als Lieferant solcher Teile besondere Aufmerksamkeit zu legen. Auch bei der Preisgestaltung…

E

Emerging Markets

siehe Global Players

EOP

„End Of Production“ – Ende der Serien-Produktion eines Fahrzeuges und der hierfür benötigten/gelieferten Teile. Spätestens jetzt, da die Serienmengen nicht mehr hergestellt werden, der Zeitpunkt, sich Gedanken über die Teilepreisgestaltung zu machen. Und eigentlich schon zu spät hierfür…
Im Prinzip haben die Autobauer in ihren Verträgen bereits Vorsorge hierzu getroffen – der Teilehersteller liefert einfach zu Serienpreisen weiter! Denn welcher Zulieferer ist dazu schon in der Lage? Die Produktionsanlagen belegen dringend benötigten Platz für andere, neue Serienprodukte. Der Umsatz pro qm Fertigungsfläche ist viel zu geringfügig. In aller Regel sind Ersatzteile nur zum 5-fachen Serienpreis kostendeckend herzustellen. Deshalb gilt es, rechtzeitig diesbezügliche Vereinbarungen mit den Kunden zu treffen. Kreative Vorschläge für eine für beide Seiten sinnvolle und erträgliche Lösung einzureichen. Ein Jahr vor EOP sollte dieses Thema angepackt werden!

F

Fixkosten-Degression und -Progression

Die sog. fixen Kosten (die unabhängig von den zu produzierenden Mengen in jedem Unternehmen existieren) werden nach bestimmten Schlüsseln bei der Ermittlung von Angebotspreisen in die Teilekalkulationen eingearbeitet. Der Fixkosten-Anteil variiert demgemäß in Abhängigkeit von der Kalkulation zugrunde gelegten Mengen. Große Menge = relativ kleiner Fixkosten-Anteil, kleine Menge = relativ hoher Fixkostenanteil.

Unter dem in der Branche herrschenden, extremen Wettbewerbsdruck, sind die Zulieferer darauf bedacht, den Fixkosten-Anteil so gering wie möglich zu halten. Dies führt dazu, dass sie die „größtmöglichen“ Mengen und die „kleinstmöglichen“ Fixkosten (bspw. Investitionen in Maschinen, Anlagen, ggf. sogar Gebäude) in Ansatz bringen. Der Fahrzeughersteller seinerseits – aus nachvollziehbaren (und denselben) Gründen – wird die anzufragenden Mengen sehr „optimistisch“ planen und verlangt von den Zulieferern, auch die sog. (->) „Peak Volumes, also die (nicht dauerhaft!!) zu erwartenden Bedarfsspitzen in einem (begrenzten) Zeitraum, bei den erforderlichen Investitionen so zu berücksichtigen, dass diese in einem fünftägigen 3-Schicht-Betrieb produziert und geliefert werden können.

Die Zulieferer geraten hiermit in die Zwickmühle zwischen „Unterversorgung“ (der Kunden) und „Unterauslastung“ (der eigenen Investitionen). Die OEM´s bezeichnen dies in einschlägigen Verhandlungen gerne als „unternehmerisches Risiko“…

Die Empirik zeigt, dass die angefragten Mengen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht, zum Teil bei weitem nicht erreicht werden. Damit ergibt sich (für Zulieferer wie Hersteller!!) eine sog. Fixkosten-Progression. D.h., der kalkulierte Fixkosten-Anteil im Teilepreis wird nicht ausreichen, die Fixkosten zu decken und das Produkt schreibt (auf Vollkosten-Basis) „rote Zahlen“. Sollte diese Situation nachhaltig sein, kann dies für mittelständische Zulieferer dazu führen, in einen „finanzielle Schieflage“ zu geraten. Sie sind dann gezwungen, Gespräche mit ihren Kunden über einen Ausgleich zu führen. Diese Gespräche zählen zu den schwierigsten in der Branche und belasten die Geschäftsbeziehung nicht selten signifikant. Schließlich gibt es ja, besonders nach Auffassung der Autobauer, das oben schon erwähnte „unternehmerische Risiko“…

Es gibt, wenngleich selten, aber auch den Fall, dass eine neues Fahrzeug im Markt einschlägt, wie eine Bombe – und die installierten Kapazitäten (bei den Herstellern wie den Zulieferern) reichen nicht aus, die Bedarfe des Marktes zu decken. Die Hersteller werden sich in diesem Fall darauf berufen, dass die beim Zulieferer vorhandenen Kapazitäten ja noch Raum für „Zusatzschichten“ am Wochenende lassen müssten.
Und, dass hierdurch eine Fixkosten-Degression entstehen müsste, d.h., der Fixkostenanteil am Teilepreis ist eigentlich zu hoch angesetzt und müsste entsprechend nach unten angepasst sowie die Teilepreise reduziert werden…

Müssten… Um überhaupt Aufträge zu ergattern, sind die Zulieferer in aller Regel gezwungen, bereits die „durchschnittliche“ Jahres-Abnahmemenge unter Einbezug von Wochenend-Arbeit zu planen – wissen sie doch aus Erfahrung, dass die von ihren Kunden angefragten Mengen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht erreicht werden. Kein Zulieferer kann sich leisten, in unausgelastete Anlagen zu investieren! Der mörderische Wettbewerbsdruck zwingt sie dazu, lieber das Risiko der „Unterversorgung“ in Kauf zu nehmen.

Die Lösung dieses Problems, eine gewisse Nachhaltigkeit des Booms vorausgesetzt, besteht in der Installation zusätzlicher Kapazitäten. Für die Lieferanten bedeutet dies im Extremfall hohe Ausgaben für zusätzliche Investitionen – in aller Regel ohne jegliche Garantie seitens der Kunden, dass sich diese Investitionen jemals amortisieren lassen. Es obliegt dem (Verhandlungs-)Geschick der Lieferanten, mit ihren Kunden Vereinbarungen zu treffen, die dieses Risiko partnerschaftlich fair verteilen.

Freigaben

Siehe „Note1“

G

Geschäftsführung ohne Auftrag

Gar nicht so selten führen „besondere Umstände“ (siehe auch SOP) zu folgender Situation: Um wichtige Termine „trotz technischer Probleme“ zu halten, müssen die Zulieferer das tun, was sie eigentlich unter Beachtung der Zertifizierungs- und Kunden(!!)-Regeln nicht dürften – Geld verschlingende Aktivitäten starten, ohne eine formale Bestellung ihres Kunden zu haben!! Denn: (z. B.) der (->) SOP ist „heilig“!!

Konsequenz: Am Ende ist das Geld (des Zulieferers…) ausgegeben – und, wenn überhaupt, er es ggf. vom seinem Kunden zurückerhält, das steht oft in den Sternen! In aller Regel verhindern Bereichs- und Budgetdenken in den Großkonzernen eine zeitlich angemessene Lösung des Problems. Und genau an dieser Stelle greifen die (gesetzlichen) Regelungen der „Geschäftsführung ohne Auftrag“, die demgemäß nichts mit der Geschäftsführung im herkömmlichen Sinne zu tun hat, sondern vielmehr auf die oben geschilderten Fälle abzielt. Es ist nämlich mitnichten so, wie die Damen und Herren Einkäufer der Fahrzeughersteller gerne behaupten: „Wenn Sie keine Bestellung vom Einkauf haben, kriegen Sie auch kein Geld“. Hat der Zulieferer nachweislich und faktisch seinen Kunden vor nicht unerheblichem Schaden bewahrt (und in aller Regel ist genau dies der Fall!!), steht ihm die Vergütung seiner Aufwendungen in diesem Zusammenhang (juristisch untermauert) auch zu. Gewusst wie…

Global Player

Made in Germany ist begehrt. In aller Welt. Besonders deutsche Autos! Und da sich die wirklich interessanten Wachstumsmärkte der Autoindustrie vor allem in Übersee befinden (China/Asien, USA, Latein-/Südamerika), haben sich die Fahrzeughersteller längst (intensiviert in den letzten 15 Jahren) auch mit Produktionsstätten in diesen sog. (->) Emerging Markets niedergelassen. Vorbei auch die Zeiten, in denen ein neues Fahrzeugmodell zuerst in Westeuropa und erst nach Serienauslauf in Übersee produziert wurden. Der Wettbewerb erfordert heute sowohl global Präsenz als auch einen zeitgleichen Start des Verkaufs weltweit.
Nur folgerichtig, dass die Lieferpartner diesen Weg gemeinsam mit ihren Kunden gegangen sind. Für die Branchenriesen kein Problem, für so manchen Mittelständler auch heute noch eine Herkulesaufgabe. Es kommt nur darauf an, zu wissen, wie

I

Intellectual Property (IP)

Geistiges Eigentum. So wertvoll, wie (in der Autobranche mehr denn anderswo) „gefährdet“. Eine Vielzahl der Innovationen in der Automobilbranche wird von „alteingesessenen“, mittelständischen Unternehmen generiert. Technologieführer zu sein, heißt sogar heute noch, eine gewisse Chance auf „Premium-Preise“ zu haben. Zumindest über einen gewissen Zeitraum. Umso wichtiger, Innovationen zu kreieren – vor allem aber zu schützen. Angesichts der Marktmacht der automobilen Großkonzerne nur schwerlich, oft überhaupt nicht machbar. Häufig genug droht der Kunde mit dem Verlust von Folge- und/oder Neu-Aufträgen, sollte der Patentinhaber (Zulieferer) nicht gewillt sein, seine Erfindung, wenngleich in Lizenz, nicht auch anderen Lieferanten (Wettbewerbern) zugänglich zu machen – natürlich damit der Hersteller nicht von einem Zulieferer abhängig ist. Wenn man sich, bei rationaler Betrachtung, letztlich nicht erfolgreich dagegen wehren kann, so sollte man sich seine Exklusivität wenigstens zu besten Konditionen vergüten lassen…

K

Kostenprüfung

Siehe (->) Cost Break Down

L

LCC – Low Cost Country

Niedriglohn-Land. Ein neues Auto muss (auch) preislich wettbewerbsfähig sein. Koste es, was es wolle. Und da in Niedriglohn-Ländern, wie der Name schon sagt, die Lohnkosten niedrig sind, kauft der Fahrzeugbauer dort auch gerne ein. Oder er „empfiehlt“ seinen (System-)Lieferanten, einen bestimmten prozentualen Anteil seiner Beschaffungsumfänge dort zu beziehen. Erreichte Einsparung zugunsten Kunde, versteht sich. Die damit einhergehenden Unwägbarkeiten (Sprache, Logistik, Qualität) fallen unter den Begriff „unternehmerisches Risiko“…
Gleichwohl – viele Zulieferer haben die Not zur Tugend gemacht und sind der „Empfehlung“ ihrer Kunden nachgekommen. Sind entweder ihren Kunden dorthin gefolgt und haben dort selbst investiert (Osteuropa, China) oder haben sich erfolgreich Partner in diesen Ländern gesucht.
Merke: Nicht alles, was Kunden fordern, muss schlecht sein…

Lifetime-/Longterm-Conditions

Laufzeit- und/oder Langzeit-Verträge. Zulieferer und Hersteller vereinbaren für einen längeren Zeitraum (3-4 Jahre) oder gar über die gesamte Laufzeit der Belieferung mit Teilen Konditionen, die (zumindest für den Zulieferer…) bindend sind. Seit langem versteht sich von selbst, dass diese Konditionen auf jährlichen Preis-Reduzierungen basieren. Sicherheit auf beiden Seiten also, sollte man annehmen. Weit gefehlt – siehe auch (->) Quicksavings. Drum prüfe, wer sich länger bindet…

M

Material Management

Bei japanischen Automobil-Kunden völlig üblicher Bestandteil der bilateralen Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten – in Europa „geboren“ als (in der Vergangenheit) „Materialkrisen“ (Verknappung, Preiserhöhungen – z. B. beim Stahl) aufkamen. Nicht zuletzt den Einkaufs-Strategien der Autohersteller geschuldet, hat sich bei den Schlüssel- (und börsennotierten) Materialien eine gravierende Konzentration auf der Materiallieferanten-Seite ergeben. Diese hat dazu geführt, dass selbst die automobilen Großkonzerne bei Preiserhöhungen nichts oder kaum mehr etwas entgegenzusetzen hatten/haben. Die Zulieferindustrie war diesen Kartellen gegenüber gleich völlig machtlos – und wurde anfangs von ihren Kunden schlicht im Stich gelassen. Das vielzitierte „unternehmerische Risiko“ eben… Um jedoch die eigene Produktion abzusichern, haben sich nach und nach auch die europäischen und amerikanischen Automobilhersteller dazu entschlossen, sich faktisch dazu bereit erklären müssen, die essentiellen „Grund“-Materialien (Stahl, Aluminium, tlw. auch Kunststoffe) des Fahrzeugbaus gebündelt auch für ihre Lieferanten einzukaufen. Damit wurde zumindest das Materialkosten-Risiko von den Lieferanten (die schon gar nicht in der Lage waren, den Preiserhöhungen Paroli zu bieten) auf die Kunden übertragen. Fair enough!

Material-Teuerungs-Zuschlag (MTZ)

In den Fällen, in denen die Kunden kein (->) Material Management betreiben und die Materialpreise börsenabhängig sind, kann die Volatilität der Materialkosten über einen sogenannten MTZ aufgefangen werden. Bei Guss-Teilen war diese Praxis eigentlich von jeher Usus. Da jedoch auch viele, viel andere „Verdelungsstufen“ börsennotierter Werkstoffe von den Schwankungen der Grundmaterialien abhängig sind, hat sich eine regelmäßige, MTZ-basierte Angleichung des Grundmaterial-Anteils an den Teilepreisen in der Praxis bewährt. Damit wird das Thema „Materialkosten“ für die Zulieferer quasi zum „risikofreien Durchlaufposten“. Dies natürlich auch nur dann, wenn die betroffenen Zulieferfirmen nicht von „Spekulanten“ geführt werden…

N

Nomination Letter

Eigentlich wäre damit das Ziel der Verkaufsanstrengungen erreicht. Eigentlich!! Dem Zulieferer, der dieses Schriftstück in aller Regel als Auftrag sieht, wird in juristisch wohlformulierten Worten mitgeteilt, dass er als Lieferant für ein Produkt (nach einem meist „mörderischen“ Preiswettbewerb) nominiert ist. Doch nominiert ist i.d.R. nicht gleichzusetzen mit „beauftragt“. Der Lieferpartner darf zwar seine vorbereitenden Arbeiten zur Industrialisierung des Auftrages starten, darf Geld ausgeben – er muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass er am Ende, zum (->) SOP, alle im Nomination Letter dokumentierten Voraussetzungen erfüllt haben muss. Preis. Qualität. (->) Freigaben. Und vieles andere mehr. Es empfiehlt sich daher, diese Dokument intensivst zu prüfen (ggf. mit juristischem Beistand) und zu kommentieren, bevor man es unterschrieben an den Kunden zurückschickt!

Note1

Diese (Schul-)Note muss der Zulieferer bei der (->) Erstbemusterung seiner künftig zu liefernden Serienteile erreichen, um die von ihm vorfinanzierten Kosten für (->) Sonder-Betriebsmittel (im Fachjargon auch „SPEZBEMI“ genannt) erstattet zu bekommen. Und natürlich um liefern zu dürfen, ohne seine (->) Zertifizierung nicht zu gefährden. Allerdings erhält das Produkt nur dann die Note1 wenn es den „theoretischen“
(CAD-)Maßen entspricht und alle sonstigen Anforderungen hinsichtlich Materialgüte etc. erfüllt. Für sog. (->) dokumentationspflichtige Sicherheitsteile ist dies unerlässlich und alternativlos. Im Falle von z. B. Karosserieteilen jedoch eher ein „frommer Wunsch“ denn gelebte Realität. Aufgrund der „systemimmanenten“ Gegebenheiten im Fahrzeug-Rohbau, lassen sich Zulieferteile zur Karosserie nur nach einem „iterativen Anpassungsprozess“ (produzieren, einpassen, anpassen, einpassen,…) verbauen. Da die letztliche reale und damit passende Dimension des Teils in aller Regel nicht mit den CAD-Daten übereinstimmt, wird überaus gerne die Note1 verweigert. Und damit auch die Zahlung der Betriebsmittelkosten… Und das nicht selten auch noch Monate nach reklamationsfreier Lieferung tausender Teile! Sich hiergegen erfolgreich und adäquat zu wehren, ist die Kunst des erfahrenen Zulieferers…

O

OE(M)

Original Equipment (Manufacturer) – Erstausrüster; Abnehmer von Produkten (für Systeme, z. B. Fahrzeuge), die ein anderer Teilehersteller (Zulieferer) gefertigt hat. Der OEM baut diese Hardwarekomponenten in seine Produkte ein und verkauft diese unter eigenem Namen. Als OEM werden im Automobilgeschäft in der Regel die Fahrzeughersteller bezeichnet. Zulieferer, die an OEM´s ihre Produkte als „OE“ (Original Equipment = Erstausrüstungsteile) liefern, können diese nicht ohne weiteres im (->) Aftermarket an Endverbraucher verkaufen!

OES

Original Equipment Service – zu verstehen als Wartung und Reparatur mit Originalteilen. OES wird zudem auch für die Lieferanten genutzt, welche die Ersatzteile zum Vertrieb über den Fahrzeughersteller unter dessen Marke produzieren.

OLS

„Optimierung laufende Serie“ – derzeit neu verwendeter, die Begleitumstände „schönender“, anderer Begriff für (->) Quicksavings

Outsourcing

Immer, wenn die OEMs an Ihre Kapazitätsgrenzen kommen oder Probleme in der eigenen (System-/Komponenten-)Fertigung haben, kommt der Begriff „Outsourcing“ ins Spiel. Dies ist die Alternative, Produkte künftig „von extern“, sprich von einem kompetenten Lieferanten, zu beziehen. Für die Zulieferindustrie gleichermaßen Chance wie Risiko. Hat bei „Vollbeschäftigung“ im OEM– oder Tier-1-Bereich ein Lieferant Kapazität frei, kann er – oft nur für eine gewisse Zeit, z.B. während der Anlagen-Reparaturen bei Pressen-Strassen des OEMs / Tier-1 – gutes Geld verdienen. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die Autohersteller „aus strategischen Gründen“ entscheiden, die Fertigung auszulagern: Das Risiko, bei einer Konjunkturschwäche oder gar einem –einbruch die gewonnenen Aufträge wieder zu verlieren, ist hoch! Schließlich ist den OEMs ihr eigenes Hemd am nächsten…

P

Patente

Siehe Intellectual Property

Spitzen-Bedarfsmengen während der Serien-Produktion von Fahrzeugen. Üblicher Weise kurzfristige Absatz-/Produktionsspitzen kurz nach Einführung eines neuen Fahrzeug-Modells. Siehe auch (->) Fixkosten-Degression/-Progression

Q

Quicksavings

Schnell sparen – will der Autohersteller! Besonders dann wenn er neue Aufträge zu vergeben hat. Und da die Zulieferer stets auch die Folgeaufträge gewinnen möchten, haben sich die kreativsten Einkäufer der Autobauer das Modell der Quicksavings einfallen lassen. Willst Du, Lieferant, einen neuen Auftrag, musst Du auf das bereits laufende Geschäft (außerordentliche – außervertragliche…) Preisnachlässe gewähren!
Wie – „Wir haben doch einen gültigen Langzeitvertrag?!“ „Willst Du den neuen Auftrag oder nicht? Na dann, bitte…“ Ein Fahrzeughersteller fing vor Jahren damit an. Einige Zulieferer haben sich dazu hinreißen lassen, auf diese Forderungen einzugehen. Inzwischen ist diese Form der Preistreiberei über die gesamte Branche verbreitet. Aus Angst um rückläufige Umsätze, Unterauslastung existenter Anlagen, aus Sorge um die Fortführung der Geschäftsbeziehungen, weigert sich so gut wie kein Zulieferer, dieses Spiel mit zu treiben. Und hat ein Lieferant doch mal den Mut dazu, wird dsie Geschichte in der Öffentlichkeit, in den Medien ausgetragen…
Dabei sollten sich die Zulieferer im Klaren sein – die Autohersteller sind von ihnen mindestens ebenso abhängig, wie umgekehrt… Auch das wurde in dem vorbeschriebenen „öffentlichen“ Fall deutlich. Merke: Wer nimmt, muss auch geben…!

R

Reklamations-Management

Siehe Beweislastumkehr, QSV und Wareneingangskontrolle

RFQ

„Request For Quotation“ – Aufforderung zur Angebotsabgabe. Vor zwei, drei Jahrzehnten ein „one-pager“, heute ein „juristisches Meisterwerk“, dessen Bearbeitung besonderer Aufmerksamkeit bedarf! Eine äußerst sorgfältige Prüfung der Spezifikationen und Anforderungen ist ebenso unerlässlich, wie eine adäquate Stellungnahme hierzu im Angebot! Der Grundstein für die erfolgreiche Verhandlung über spätere „Streitpunkte“ (s.a. -> Änderungsmanagement) liegt bei Anfrage und Angebot!

S

Sonderbetriebsmittel (SPEZBEMI)

Alle Werkzeuge und Einrichtungen, die zur Herstellung eines ganz speziellen Teiles für ein oder mehrere Fahrzeuge eines Herstellers erforderlich sind. Diese sog. „teilegebundenen“ Betriebsmittel werden gewöhnlicher Weise vom Kunden erstattet. Voraussetzung hierfür ist eine (->) Bemusterung mit (->) Note1. Alle nicht teilespezifischen Einrichtungen (Maschinen & Anlagen, Gebäude) sind Angelegenheit des Zulieferers und werden, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, vom Kunden nicht übernommen.

SOP

„Start Of Production“ – Start der Serienproduktion eines neuen Fahrzeugmodells (und der dafür benötigten System und Komponenten). So etwas wie „die heilige Kuh“ der Automobilindustrie! Wird ausschließlich im extremsten Notfall (z. B. bei nicht bestandenem Elch-Test…) geopfert.
Gleichwohl sind es die Autobauer selbst, die diesen Termin dadurch gefährden, dass in letzter Sekunde noch technische Änderungen einfließen sollen oder gar müssen. Weil „einer was vergessen hat“, weil Tests erst spät entsprechende Ergebnisse geliefert haben, weil Vorstandsvorsitzende der Hersteller noch Wünsche einbringen…
Manchmal sind es aber auch die Lieferpartner, die, aus welchen Gründen auch immer, den SOP gefährden. Das ist der „worst case“ für einen Zulieferer! Ein (nicht nur Image-) Schaden, von dem sich so mancher Zulieferer in der Vergangenheit nicht mehr erholen konnte. Umso wichtiger, rechtzeitig die „Gefahrenabwehr“-Mechanismen in Gang zu setzen und die Kunden schnellstmöglich auf Terminprobleme aufmerksam zu machen!
Erst recht, wenn diese vom Kunden selbst initiiert wurden! Bei allem „Wehklagen“ – bevor der SOP verschoben werden muss, sind die Fahrzeughersteller bereit, das Portemonnaie zu öffnen. Erfahrene und geschickte Lieferanten wissen dies für sich erfolgreich zu nutzen!

T

Target

Zielpreisvorgabe des Kunden an seine anbietenden Zulieferer – s.a. (->) CBD
So geht (Fahrzeug-)Kalkulation heute: Zu welchem Preis kann ich ein neues Modell erfolgreich im Markt platzieren? Um den einen angemessenen Gewinn zu erzielen – was darf das Fahrzeug dann maximal kosten? Wie hoch dürfen dann die Preise der zu beschaffenden Systeme und Komponenten maximal sein? Und das ist dann das Target. Allerdings nicht nur für die Lieferanten – ebenso für die eigenen Bereiche der Hersteller!
Schwierig genug, dieses Ziel zu erreichen. Für alle Beteiligten. Aber Unmögliches wird nicht nur deshalb möglich, weil ein „Finanzer/Controller“ dies so errechnet hat. Dann wird eben u. a. mit den bei (->) CBD beschriebenen Methoden versucht, wenigstens möglichst nah an das Target heranzukommen. Es soll schon Fälle gegeben haben, in denen Zulieferer unter dem Target-Preis angeboten haben…

Tier „n“

In der Automotive-Terminologie wird die Hierarchie der Zulieferer in „Tier (1-n)“ klassifiziert. „Tier 1-Lieferanten“ liefern ihre Produkte – vorrangig Systeme und Module, seltener auch Komponenten – direkt an die OEMs. „Tier 2-Lieferanten“ beliefern in der Regel eben jene „Tier 1-Lieferanten“ mit Modulen, Sub-Modulen und Komponenten. Dieser „Algorithmus“ setzt sich fort bis hin zum reinen Teile-Hersteller, der lediglich die Zulieferer bedient, die in der Hierarchie  höher stehen. Das entscheidende Kriterium für diese hierarchische Zuordnung ist – unabhängig von der Komplexität der Produkte – die unmittelbare Belieferung des OEM´s als eindeutiges Merkmal eines „Tier 1-Lieferanten“.

Besonderheit: Sogenannte „Tier 0,5-Lieferanten“, die – im Auftrag eines Fahrzeugbauers – sogar selbst Autos montieren.

W

Wareneingangskontrolle

Siehe (->) Beweislastumkehr

Z

Zertifizierung

Siehe Audits

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