Einen erheblichen Teil ihres Umsatzes erzielen viele Unternehmen bereits im Ausland – mit steigender Tendenz. Dafür gibt es in der Regel einen Pool an Führungskräften und Spezialisten, die bei Bedarf in die ausländischen Niederlassungen und Tochtergesellschaften entsendet werden. Aber wie gut sind diese Führungskräfte und Spezialisten interkulturell vorbereitet?
Unvorbereitete Entsendungen gefährden das Erreichen der Markt-Ziele
In der Zusammenarbeit mit Unternehmen stellt man immer wieder fest: Gerade dann, wenn es um die Zusammenarbeit mit ihren Agenten im Ausland oder mit ihren oft schnell wachsenden eigenen Auslandsgesellschaften geht, sind die Unternehmen häufig schlecht gerüstet. Das beginnt beim Nichtverstehen der Kultur des Gastlandes, an aufbau- und ablauforganisatorisch nicht klar definierten Schnittstellen und Prozessen zwischen der Auslandsgesellschaft, dem Agent und der Unternehmenszentrale bis hin zur fehlenden Regelkommunikation.
Folgende Aspekte sollten von der Zentrale und von den Auslandsgesellschaften bei Entsendungen bedacht werden…
- In welchem geographischen Umfeld befinden sich die Standorte der Auslandsgesellschaft / des Agenten / der Zentrale? Mit welcher Infrastruktur?
- Wie heißen die Menschen in den Auslandsgesellschaft / bei den Agenten / in der Zentrale? Welche Funktionen, Qualifikationen und welchen Werdegang haben sie?
- Wie arbeiten die Kollegen heute in den Auslandsgesellschaften / bei den Agenten / in der Zentrale in ihren Märkten vor Ort?
Was erwarten und wie beschaffen die Kunden in diesen Märkten? - Welche Schnittstellen haben diese Kollegen zur Zentrale, unseren Werken und zu anderen Gesellschaften des Unternehmens? Wie kann man diese motivierend optimieren
- Interkulturelles Team-Building: Zu welchen Themen lassen sich grenz- und abteilungsübegreifend sinnvolle gemeinsame Projekt-Teams / Arbeitskreise bilden?
- Nach welchem Modus finden gut vorbereitete gegenseitige Besuche in der Auslandsgesellschaft / beim Agenten sowie in der Unternehmenszentrale statt?
- …?
Typische Situationen aus der Praxis, an die nur der denkt, der in solchen Ländern geschäftlich gelebt hat…
- Im Mittleren Osten sind die Arbeitswochen von Samstag bis Mittwoch. Donnerstag ist wie bei uns Samstag und Freitag ist Sonntag.
Wie kann man die Zusammenarbeit organisieren, da die gemeinsame Arbeitszeit in den meisten Fällen 3 Tage in der Woche beträgt, unabhängig von der Zeitverschiebung. - In vielen Ländern der Region gibt es eine Quotenregelung für die Einstellung lokaler Mitarbeiter. Das heißt, bestimmte Positionen (Fahrer, Mitarbeiter im Büro) müssen mit einheimischem Personal besetzt werden.
- Es gibt Länder, in denen muss die Unternehmensmehrheit (50,1%) bei einem lokalen Partner liegen.
- Ebenso gibt es gesetzliche Regelungen, die es ausländischen Unternehmen untersagen Grund und Boden zu erwerben. Dies kann für eine spätere Expansion entscheidend sein.
- Rechtliche Unsicherheiten wie das Vertragsrecht und / oder auch die Sicherung von Patentrechte sind zu bedenken.
- Import- bzw. Export-Reglementierungen sind zu prüfen.
- …
Aber: Die „weichen Faktoren“ sind das Zünglein an der Waage zum Erfolg
Gerade in anderen Kulturkreisen spielt der Faktor „Mensch“ und die zwischenmenschlichen Beziehungen eine besondere Rolle. Vielleicht kommt Ihnen dieses Szenario bekannt vor…
In der Zentrale wird eine spezielle Kundendienstabteilung eingerichtet, die sich um alle produktrelevanten Fakten, um die Lösung schwieriger Anforderungen sowie um Reklamationen für die Auslandsgesellschaften / Agenten kümmert.
Das neu gegründete Team übernimmt dazu zum Jahresanfang die Verantwortung in der Zentrale. Von Januar bis Juli waren alle Arbeitsebenen „verbrannt“. Keiner der Auslandsgesellschaften / Agenten will mehr mit den deutschen Kollegen kommunizieren, geschweige denn arbeiten.
Die Mitarbeiter der Auslandsgesellschaften / Agenten sagen: „Die in der Zentrale wollen uns nicht verstehen“.
Die deutschen Mitarbeiter in der Zentrale sagen: Unsere Auslands-Kollegen sind echt schwierig. Die wollen es einfach nicht verstehen“.
Vermeidbare Ursachen sind zum Beispiel…
- Die operativ verantwortlichen Führungskräfte in der Zentrale haben die Auslandsgesellschaften / Agenten noch nicht persönlich mit ausreichend Zeit besucht.
- Es gibt überwiegend Anweisungen: „Wir von der Zentrale haben das Sagen und ohnehin mehr Ahnung“.
- Vorschläge und Lösungsansätzen aus den Ländern werden nicht wohlwollend geprüft und nicht motivierend mit den Auslandsgesellschaften / Agenten diskutiert.
- Mitarbeiter der Zentrale wenden sich direkt an Kunden in den Ländern ohne Abstimmung mit den Chefs und den verantwortlichen Kollegen in den Auslandsgesellschaften / bei den Agenten.
- …usw.
Fazit: Erfolgsfaktoren für Entsendungen in fremde Märkte im Ausland
Sorgen Sie für Erfolg versprechende interkulturelle Zusammenarbeit & Motivation durch
Information => Identifikation => Integration
der Beteiligten und Betroffenen. Das heißt,…
- Vorbereitung und pragmatische Information der operativen Führungskräfte und Mitarbeiter sowohl der Zentrale als auch der Auslandsgesellschaften / der Agenten über Kultur und Gegebenheiten in den jeweiligen Märkten
- Systematische – interkulturelle ! – Organisations-Entwicklung
- Interkulturelles Team-Building,
z. B. durch Workshops zu relevanten Themen.
Zum Autor…
Horst Häring ist Berater, Coach und Trainer im Team der Vertriebsberatung PETER SCHREIBER & PARTNER, Ilsfeld (www.schreiber-training.de). Vor seiner Beratertätigkeit war er unter anderem 13 Jahre für einen weltweit führenden Automobilhersteller tätig – zuletzt als Sales-Manager Asia-Pacific. Horst Häring hatte seinen Wohnsitz zwölf Jahre im Ausland – jeweils vier Jahre in Großbritannien, in Singapur und im Sultanat Oman. Entsprechend fundiert sind seine Kenntnisse der Absatzmärkte in Europa sowie in den Regionen Asia-Pacific und Middle-East.
„Ausländische“ Kundenstimmen finden Sie hier…
…und hier einen weiteren Fachartikel zu „Vertriebsstrategie weltweit verankern“.
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